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STUDIENAUFTRAG WOHNBAU GÜTSCHHÖHE LUZERN 2007

Das inselartige Gebiet liegt in einer Waldlichtung über der Stadt Luzern. Das Terrain in dieser Geländenische fällt nach Norden ab und endet abrupt an einer Felskante. Im Süden liegt der dichte Wald. Das Areal ist vom Stadtzentrum aus wahrnehmbar; insbesondere im Zusammenhang mit dem angrenzenden Ensemble des Hotels Gütsch. 

Zunächst ist es die Ein- und Aussichtslage, die den Charakter eines Neubaus bestimmen muss: Die Einsicht in das Gelände ist aus verschiedenen Punkten der Stadt, von Postkartenansichten wie von Nebenschauplätzen, gegeben. Darüber hinaus entsteht ein klar zu bestimmendes Verhältnis zu den bestehenden kunsthistorisch bedeutenden Solitärbauten; deren Wertigkeit liegt nicht nur im Ensemble, sondern gerade auch in ihrer Eigenschaft als Einzelobjekte.

Das Bild des neuschwansteinartigen Chateau Gütsch hat prägende, krönende, wenn auch skurrile Fernwirkung auf die Wahrnehmung des touristischen Produkts Luzern; das Schloss ist selber ein Kind dieses Gewerbes. Auch die Pension Wallis stammt aus dem selben Milieu. Dem gegenüber scheint es angemessen, den Auftritt dieser bestehenden Bauten gerade dadurch zu unterstreichen, dass der Neubau sozusagen zur Fassung dieser beiden Solitäre wird. Wie ein theatralischer Vorhang faltet sich der Wohnbau hinter den Hotelbauten; er bleibt aber gestreckter und tiefer und belässt ihnen so das Proszenium. Sie bleiben die Protagonisten; der Neubau wird, um in der Fachsprache des Theaters zu bleiben, zum Deuteragonist - zur Nebenrolle.

Die Anlage erzeugt die in Grund- und Aufriss mehrfach modulierend im Verlauf ihrer zweihundert Meter Abwicklung auf neu entstehende Konfigurationen immer neue Situationen. Ihr östlicher Auftakt referenziert die Kante der Wehrschanze des Schlosses, bricht mit einer Gegensteigung im Aufriss auf der Flucht der Schaufassade der Pension Wallis rechtzeitig ab und verleiht ihr angemessenen Freiraum. Es folgen zwei lange Schenkel; der östliche umspannt das Areal und erzeugt beidseitig grosszügige Aussenräume. Der nächste, im Aufriss tiefer gestaffelt, folgt der abrupten Geländekante, nimmt bestmöglichen Abstand zu der südlichen Waldfront und bietet Wohnungen mit optimaler Besonnung und dramatischer Fernsicht über das Reusstal. Das westliche Gebäudeende mit kürzer werdenden Abschnitten stürzt sich tapfer in den Abgrund, mit zwei weiteren Höhenabstufungen verklammert es das Haus im Gelände.

Der neue Entwurfsansatz schafft gleiche Wohnsituationen für alle. Besonnung und Aussicht kommen allen zu Gute. Das Erdgeschoss bleibt allen zugänglich und dient als Gemeinschaftsbereich mit Spielzonen. Diese sind chaussiert; die Wege sind asphaltiert. Die begrünten Flächen sind Blumenrasen. Die Qualität des Raumes als Lichtung wird durch den Verzicht auf hochstämmige Neupflanzungen unterstrichen. Auf der Nordseite werden zusammen mit der Absturzsicherung Gewächse wie einheimischer Klematis und Blütensträuchern gepflanzt. Der Waldrand wird dadurch mit einer ökologisch wertvollen, gestuften Bepflanzung formuliert.

Die Individualität kann sich auf dem Dach entfalten - ein Schrebergarten über den Dächern von Luzern.

Das Dach des Hauses gibt ein Stück verlorener Vergangenheit zurück: Es gibt dazumietbare Dachterrassen mit wechselseitigen Gartenhäuschen, die von der einmaligen Lage über der Stadt profitieren und einen Zusatznutzen erzeugen. Für jede Wohnung gibt es einen solchen Dachgarten - jeder Mieter wird zum Attikabewohner. Die Schrebergartenstruktur versieht das Haus mit einer Art Zinne. Heute liegen die genutzten Bereiche im Garten und sind identitätsstiftend für die Siedlung. Nun werden sie zu Sicht und Licht erhoben; eine Schrebergartenwelt auf dem Dach mit Aussicht und Besonnung, zweiseitig orientiert. Dies ist eine sommerliche Ergänzung zur Loggia, die in die Wohnung eingeschnitten ist und auch als Winteraufenthaltsort dienen kann.

Erst die Privatheit der Dachschrebergärten erlaubt die gemeinsam und öffentlich genutzten ebenerdigen Aussenräume.

Die Gebäudetiefe ist überall die selbe. Die Grundrisse sind einfach und wirtschaftlich. Die Abwicklung des Hauses wird durch rhythmisch angeordnete Vertikalerschliessungen gegliedert, welche die Geschosswohnungen zweibündig bedienen. Jede Wohnung hat ihre eigene, etwa zimmergrosse Loggia. Teils dient sie als Eingangshof, teils ist sie der Wohnung einbeschrieben. Diese bieten ein Stück Einfamilienhauscharakter; Wohn- und Essbereich sind, jeweils durchgängig belichtet, an dieser Loggia angeschlossen. Ihre Fläche ist unabhängig von der Wohnungsgrösse. Deren privater Charakter bleibt dank dem dazwischenliegenden Treppenhaus mit Liftkern gewahrt. Die Abfolge Wohnen - Schlafen - Schlafen - Wohnen minimiert die gegenseitigen Lärmimmissionen. Mit Schaltzimmern kann in der Planungsphase der Wohnungsmix angepasst werden.

Die vorgehängte Fassade ist eine Vertikalschalung aus wärmebehandeltem Holz; durch den Prozess der Retifikation wird das Holz inert und bleibt wartungsfrei. So erhält günstiges, einheimisches und nachhaltig produziertes Lärchenholz die Resistenz und Dauerhaftigkeit eines Tropenholzes. Die Fenster sind ebenso wartungsfrei und in einer Stufenverglasung gedacht. Entlang des Geländes schützt ein Betonsockel die Holzfassade. Für die Abschattung auf der Südseite sorgen Stoffstoren. Auf der Nordseite wird auf eine äussere Abschattung verzichtet.